
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Frau Landesdirektorin,
verehrte Kollegen Abgeordnete,
meine Damen und Herren,
heute beraten und beschließen wir abschließend über den Haushaltsplan für das Jahr 2019.
Dass dieser Haushalt anders ist, als die kommunalen Haushalte, die wir alle kennen, hatte ich bereits an anderer Stelle hier in diesem Hause schon einmal erwähnt. Und gestatten Sie mir, dass ich das hier noch einmal in Erinnerung rufe.
Hier in der Verbandsversammlung sollte es eigentlich nicht so wie in den Parlamenten unserer Trägerkommunen zuvorderst darum gehen, Anträge der Regierung durchzubringen und Anträge der Opposition aus Prinzip abzulehnen.
Meine Damen und Herren, im Mittelpunkt unseres politischen Handelns müssen einzig und allein die behinderten Menschen stehen. Leider hat uns nun auch hier die Erfahrung eines Besseren belehrt.
Dennoch hat uns die Verwaltung hier einen handwerklich solide aufgestellten Haushaltsplan vorgelegt und uns das teilweise doch recht unübersichtliche Zahlenwerk verständlich aufbereitet.
Ich erinnere hier nur noch einmal beispielswiese an die Änderungen in der Veranschlagungsstruktur mit den neuen Teilhaushalten für Stiftungen im Produktbereich 16 inklusive der veränderten Zuordnung von stiftungsrelevanten Aufwendungen und Erträgen.
Oder auch an die neue Systematik betreffend der Darstellung der Veränderungen im Bereich der personenbezogenen Rückstellungen.
Hier wurden sogar ganz konkret Empfehlungen der überörtlichen Prüfung aufgegriffen und umgesetzt.
An dieser Stelle wünschen wir uns übrigens auch, dass wir hier als Abgeordnete über eine Umsetzung einer weiteren Empfehlung der überörtlichen Prüfung nachdenken. Die überörtliche Prüfung hat uns nämlich auch aufgezeigt, welches Einsparpotential eine Verkleinerung der Verbandsversammlung mit sich bringen würde. Verehrte Kollegen, einem solchen Antrag würden uns bestimmt nicht verschließen. Wer es vielleicht noch einmal nachlesen möchte, der findet den entsprechenden Passus unter der Ziffer 6.1 in der Vorlage V88 / 2018 / XVI.
Wir danken daher bereits an dieser Stelle allen Mitarbeitern der Verwaltung für Ihre geleistete Arbeit, um diesen Haushalt nicht nur vorzulegen, sondern auch zu erläutern.
Ein besonderer Dank gilt aber auch Herrn Beigeordneten Schütz, der für unsere Fragen auch außerhalb der Sitzungen jederzeit ansprechbar war, was durchaus ja auch unüblich ist.
So konnten wir etwas besser nachvollziehen, warum und wie wir als LWV ad hoc über die neuerdings durch die HGO geforderte Liquiditätsreserve von 2% der Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit nach dem Schnitt der letzten 3 Jahre vor dem Haushaltsjahr verfügen, während nahezu alle Städte und Gemeinden hessenweit sich äußerst anstrengen müssen, dies in vorgegebenem Zeitraum zu erreichen. In konkreten Zahlen ausgedrückt sind das bei uns knapp 38 Mio €, die wir –gestatten Sie mir bitte an dieser Stelle diese vielleicht etwas flapsige Bemerkung- die wir ganz einfach so schon auf dem Konto haben. In diesem Zusammenhang ist uns dann auch im Finanzstatusbericht der aus unserer Sicht außergewöhnlich hohe Bestand an Zahlungsmitteln, also von Liquidität, zum Ende des Haushaltsjahres 2019 aufgefallen: 279,6 Mio €, meine Damen und Herren! Eine Zahl, die man bei unseren Trägern allenfalls in rot sieht, wenn überhaupt.
Doch zurück zu unserem Finanzstatusbericht. Durch die zusätzlichen Auskünfte auf unsere konkrete Frage hin können wir nun nachvollziehen, warum der Bestand an Zahlungsmitteln so hoch sein muss und nicht wie uns erwogen abgebaut werden kann. Auch wenn scheinbar ein Abbau seit 2017 möglich war, denn dort war der Bestand mit 439 Mio € laut Jahresabschluss fast doppelt so hoch. Wir werden diese Frage aber in den Beratungen des Abschlusses 2019 erneut aufgreifen.
Unabhängig davon, Herr Schütz, wir danken Ihnen für Ihre umfangreichen Erläuterung auch und gerade außerhalb der Ausschussberatungen.
Doch zurück zum Haushalt. Das zweite Jahr in Folge bleibt der Hebesatz unter 11 % und konnte durch die Ergänzungsvorlage der Verwaltung dort hingebracht werden.
Trotz dieser erfreulichen Marke sehen wir es dennoch sehr kritisch, dass die Verpflichtungsermächtigungen im Vergleich zur ersten Vorlage von 500.000 € auf 9,2 Mio € angestiegen sind. Meine Damen und Herren, uns ist durchaus bewußt, dass sich im Zeitraum zwischen Vorlage des ersten Entwurfes und abschließender Beschlussfassung immer mal wieder etwas eintreten kann, was eine Ergänzungsvorlage erforderlich machen kann.
Aber ein Anstieg der Verpflichtungsermächtungen um das 18 einhalbfache in einem Zeitraum zwischen dem 19.12., dem Tag der Einbringung, und dem 07.03., dem Tag der Einbringung der Ergänzungsvorlage, da muss man sich dann doch die Frage gefallen lassen, ob in diesem Fall die Abstimmungsprozesse innerhalb der Verwaltungsspitze reibungslos funktioniert haben.
Denn immerhin reden wir hier über Belastungen zukünftiger Haushalte, nicht nur des hier Vorliegenden.
Und trotzdem bleibt dieser Haushalt etwa 50 Mio € unter dem im vergangenen Jahr beschlossenen Eckwerten. Das begrüßen wir ausdrücklich.
Dennoch werden unsere Trägerkommunen in absoluten Zahlen um etwa 46 Mio € mehr belastet als im vergangenen Jahr. Verglichen mit dem Haushalt 2017 sind es heute sogar fast 94 Mio € mehr.
Selbstverständlich wurde in den Ausschussberatungen deutlich, dass die Leistungen für die behinderten Menschen teurer werden und dass sich auch die Zahl der Menschen, die unsere Hilfe benötigt, stetig erhöht.
Zwar fällt diese Steigerung mit 950 Fällen etwas geringer aus als die Prognose, die noch von einer Steigerung in Höhe von 1.161 Fällen für 2019 ausging, aber der Anstieg bleibt dennoch deutlich.
Und die Menschen, die unsere Hilfe brauchen, sollen auch die bestmögliche Unterstützung bekommen. Von daher sind wir froh, dass der LWV erhalten bleibt, gleichwohl wir weiter darüber nachdenken, den Verband evtl. umzustrukturieren.
Meine Damen und Herren, wir sehen hier insgesamt im finanziellen Bereich eine besorgniserregende Entwicklung, denn unser Finanzierungsbedarf kennt nur eine Richtung: nach oben.
Von daher sind wir auch ein Stück weit enttäuscht von den tatsächlichen, finanziellen Folgewirkungen des BTHG. Denn eigentlich müssten durch den Austausch von Fallzahlen aufgrund der Neuregelungen im Hessischen Ausführungsgesetz zum 01.01.2020, also in unserem nächsten Haushalt, spürbare Entlastungen für unsere Trägerkommunen zu erkennen sein.
Dies ist aber leider nicht der Fall. Die geplanten Erträge aus Umlagen, und damit auch aus der Verbandsumlage, steigen weiter und kontinuierlich an.
Planten wir im Haushalt 2018 noch mit Erträgen in Höhe von 1,37 Mrd € in diesem Bereich, so planen wir für das Jahr 2020 bereits mit 1,43 Mrd € und im Jahr 2022 gar mit 1,55 Mrd €! Natürlich ist uns auch an dieser Stelle bewußt, dass die Gründe für unseren ständig steigenden Umlage- bzw. Finanzierungsbedarf zuvorderst in den stetig steigenden Fallzahlen zu finden sind. Aber wenn man sich nun die Gründe, die zu diesem Anstieg führen, genauer ansieht, dann sieht man auch, dass andere Stellen wie Bund und Land hier auch ganz deutlich gefordert sind, den Ursachen dafür zu begegnen.
Als Beispiel möchte hier nur einige Gründe nennen, die uns im Zuge des 2. Beratungsabschnittes genannt wurden: Instabilere Familienbeziehungen!
Meine Damen und Herren, auf der einen Seite wird uns von der AfD gerne entgegengehalten, wie rückständig wir seien, wenn wir uns für die Stärkung der Familien einsetzen. Eine Folge davon, was passiert, wenn man Familien schwächt, sehen wir hier bei uns im LWV.
Ein Mensch mit Hilfebedarf kommt also eher zu uns in den Leistungsbezug, als im Familienverbund aufgefangen zu werden. Und darüber kann mich und auch meine Fraktion kein wohlklingender Gesetzesname der Bundesregierung hinwegtäuschen. Mich persönlich macht das sehr betroffen, als ich dies ganz nüchtern und sachlich in den Unterlagen des Haushalts- und Finanzausschusses vom 11.02. gelesen habe.
Ein anderes Beispiel ist der Verdrängungseffekt auf dem 1. Arbeitsmarkt. Es wird hier –und da zitiere ich- von Selektion gesprochen. Meine Damen und Herren, wer hier gegen wen selektiert wird, dass wissen wir doch wohl alle.
Doch lassen Sie uns ändern, was wir hier in unserer Zuständigkeit ändern können, nämlich die Belastung unserer Trägerkommenunen. Vor dem eben von mir skizzierten Hintergrund des Anstieges des Umlagebedarfes wünschen wir uns von der Verwaltungsspitze deutlich mehr Einsatz für die berechtigten Belange unserer Träger. Denn in den dortigen Parlamenten macht sich erste Unzufriedenheit breit.
Kollegin Hofmann von der Fraktion Die Linke wird mich hier an dieser Stelle bestätigen können, denn sie bringt mit ihrer Fraktion einen entsprechenden Antrag im Kreistag Marburg-Biedenkopf ein.
Meine Damen und Herren, unsere Fraktion hat sich dieses Jahr schwer getan, sich zu dem vorgelegten Haushalt zu positionieren. Eine Ablehnung kam für uns selbstverständlich nicht in Frage, da wir vollumfänglich zur Unterstützung der behinderten Menschen in Hessen durch den LWV stehen.
Aber diese Menschen sind natürlich nicht der einzige Adressat unseres Haushalts. Für uns ist der zweite Adressat immer auch die Trägerkommune.
Und deren Belange sehen wir auch und gerade vor dem Hintergrund der Auswirkungen des BTHG perspektivisch gesehen nicht ausreichend berücksichtigt.
Wir werden uns daher zum Haushalt 2019 enthalten. Vielen Dank.