
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Frau Landesdirektorin,
verehrte Kollegen Abgeordnete,
meine Damen und Herren,
mit dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf für das Haushaltsjahr 2021 werden wir heute abschließend einen Haushalt beraten, der sogar für LWV-Verhältnisse aus mehreren Gründen besonders ist.
Zunächst einmal ist es der letzte Haushalt, den wir in dieser Zusammensetzung verabschieden werden. Die am Sonntag anstehende Kommunalwahl wird auch hier für Veränderung sorgen.
Aber auch Corona hat diesen Haushalt zu etwas Besonderem gemacht. Nicht zuletzt an der nahezu ausschließlich digitalen Beratungsarbeit haben wir alle das gesehen.
Daher mag es vielleicht etwas ungewöhnlich an dieser Stelle einer Rede sein, aber lassen Sie mich gleich zu Beginn meiner Rede – natürlich auch stellvertretend für meine Fraktion – einen Dank an die Mitarbeiter des LWV aussprechen.
Wir bedanken uns zum einen für die gute Organisation der digitalen Haushaltsberatungen und für die Vorlage dieses Haushaltes an sich. Wir wissen, wie viel Arbeit im Vorfeld verwaltungsintern erledigt werden musste, bis dieses umfangreiche Zahlenwerk eingebracht werden konnte. Und wie gut und zielführend diese Arbeit war, haben wir daran gesehen, dass im Zeitraum von der Einbringung bis zur letzten Beratung des Haushalts nur marginale Fortschreibungen der Vorlage erfolgten.
Im Haushalt selbst schlägt sich Corona nicht so stark nieder wie wir es in den Haushalten unserer Träger sehen. Allerdings haben wir hier mit der Ausgleichsabgabe ein sicheres Indiz dafür, wohin die Reise – trotz oder mit Corona – gehen wird: Wir gehen davon aus, dass die Erträge aus der Ausgleichsabgabe in 2021 um mindestens 4,5 Mio € sinken werden. Diese Mindereinnahme bedeutet nichts anderes als weniger Arbeitsplätze für die Menschen, Lock-down sei Dank!
Meine Damen und Herren,
eine weitere Besonderheit in diesem Haushalt ist aber auch, dass wir nun mehr und mehr in die Endphase der Umsetzung des BTHG kommen. Das Dezernat 200 wird aufgelöst und eine Aufbauorganisation wird eingenommen werden – mit all den personellen Konsequenzen, die uns in zahlreichen Präsentationen vorgestellt wurden.
Eine Konsequenz aus dem BTHG war es aber auch, dass aufgrund der veränderten Zuständigkeiten und der Trennung von Fach- und existenzsichernden Leistungen zahlreiche Fälle zwischen unseren Trägern und uns ausgetauscht wurden.
Im letzten Jahr hatte ich an dieser Stelle angemerkt, dass durch diese Aufgabenverlagerungen sich unsere Aufwendungen zwar damals um netto knapp 96 Mio € gesunken war, der Umlagebedarf dagegen aber nur um knapp 34 Mio €.
Ich hatte damals prognostiziert, dass in kurzer Zeit unsere Aufwendungen, bedingt durch die Fallzahlzuwächse, wieder auf dem Niveau vor dem BTHG liegen würden.
Meine Damen und Herren,
dass ich so schnell recht behalten würde, hätte ich ehrlich gesagt, selbst nicht erwartet. Im Vergleich zum Vorjahr müssen wir einen Fallzahlzuwachs von 7.133 Fällen konstatieren. Daraus, und aus einigen anderen Faktoren wie Vergütungssteigerungen usw., resultieren Mehraufwendungen von gut 92,4 Mio €.
Zum anderen, und das ist für uns fast noch entscheidender, werden die Trägerkommunen in keinster Weise entlastet. Für uns ist es daher auch kein Erfolg oder gar ein Beweis für eine gute Arbeit, wenn die Richtschnur dafür einzig der Hebesatz der LWV-Umlage ist. Ja, es ist richtig: Ein Hebesatz von 10,252 % ist ein historisch niedriger Wert. Aber, meine Damen und Herren, wenn die Umlagegrundlagen steigen, und unser Bedarf dann etwas weniger stark, aber immer noch steigt, dann ist es eine mathematische Selbstverständlichkeit, dass der Hebesatz sinkt, und noch lange kein Beweis für eine erfolgreiche Arbeit.
Dasselbe trifft ein Stück weit auch auf unsere Ergebnisplanung zu.
Erneut, meine Damen und Herren, ich betone das noch einmal, erneut planen wir mit einem Fehlbetrag im Ergebnishaushalt. Dieses Jahr sind es 83,8 Mio €, wie wir der Ergänzungsvorlage zum Haushalt entnehmen können. Im Vergleich zum ersten Entwurf ist hier eine Steigerung von 600.000 € festzustellen.
Und erneut planen wir, diesen Fehlbedarf durch Entnahmen aus den Rücklagen zu decken. So weit, so schlecht.
Denn auch im letzten Haushalt haben wir mit einem Fehlbedarf von 57,2 Mio € geplant, den wir auch durch eine Entnahme aus den Rücklagen decken wollten. Oder, wie es Herr Beigeordneter Schütz in seiner letzten Etatrede ausdrückte, „Wir geben der kommunalen Familie so viel und so schnell die Mittel zurück, wie es geht“. Doch ist dieser Einsatz von Rücklagen tatsächlich ein Erfolg? Woher kommen denn diese Rücklagen, wenn nicht von der kommualen Familie, die in Vorjahren evtl. mehr geleistet hat, als wir an Bedarf hatten?
Dem letzten Controllingbericht konnten wir aber entnehmen, dass wir im Jahr 2020, selbstverständlich vorbehaltlich der Testierung durch die Revision, eine Ergebnisverbesserung von 37,62 Mio € erwarten können.
Meine Damen und Herren, auch die zurückliegenden Haushalte zeigen ein ähnliches Bild.
In 2019 haben wir mit einem Defizit und Entnahme aus den Rücklagen in Höhe von 25,2 Mio € geplant. Der Controllingbericht zum 31.12.2019 weist dagegen eine Ergebnisverbesserung von 30,74 Mio € aus. Wir sind hier sehr gespannt auf den Prüfungsbericht der Revision, wo wir denn nun tatsächlich landen werden.
2018 wurde mit einem Fehlbedarf von 14,8 Mio € geplant. Der Revisionsbericht zeigt einen Überschuss von gut 35,7 Mio €.
Diese Zahlenreihe könnte ich für die Jahre 2017 und 2016 mit einem ähnlichen Ergebnis fortsetzen: Wir planen mit einem Verlust, den wir aus Rücklagen ausgleichen wollen, und kommen am Ende doch so deutlich im plus heraus, dass wir die Rücklagen eher noch erhöhen müssen, als sie abschmelzen zu können. Insofern vermag meine Fraktion nicht zu erkennen, wie wir hier etwas an die kommunale Familie zurückgeben. Im Gegenteil. Wir enthalten ihr sogar Mittel vor.
Und diese Mittel bleiben regelrecht bei uns hängen und erhöhen den Bargeldbestand. Diesen Bargeldbestand müssen wir irgendwie am Markt unterbringen, denn selbst nutzen können wir ihn kaum.
Zwar geben wir mittlerweile an unsere Vitos-Töchter Investitionskredite zu marktüblichen Konditionen, um unseren Bargeldbestand abzuschmelzen. Aber dieses Geld kommt ja irgendwann auch wieder zu uns zurück.
Es bleibt also nur noch der Versuch, dieses Geld irgendwo so anzulegen, dass wir nicht auch noch Negativzinsen dafür leisten müssen.
Wie uns in Beantwortung auf unsere Anfrage vom August 2019 mitgeteilt wurde, entstanden dem Verband im Zeitraum von Oktober 2016 bis Juli 2019 Negativzinsen in Höhe von insgesamt 548 TEUR.
Für das Jahr 2020 waren im Bereich Zitat „Zinsen für Liquiditätsbestand“ Aufwendungen von 450 TEUR einkalkuliert, in 2021 sollen es dann 480 TEUR werden. Dabei ist es für uns völlig unerheblich, ob diesen Negativzinsen Zinserträge aus Geldanlagen gegenüberstehen, so dass unter dem Strich noch etwas hängen bleibt.
Fakt und für uns entscheidend ist allein der Umstand, dass der Verband Negativzinsen zahlen muss. Natürlich brauchen wir einen gewissen Liquditätspuffer, aber vor diesem Hintergrund muss der Puffer auf ein absolut notwendiges Mindestmaß heruntergefahren werden.
Von daher begrüßen wir es zwar, dass mit der neuen Veranschlagungsart der jährlichen Finanzzuweisung zur Finanzierung von Investitionen ein erster Schritt in dieser Richtung unternommen wurde. Aber das kann aus unserer Sicht nur der Beginn eines Prozesses sein. Ein Prozess, dessen Dringlichkeit erst in der letzten Sitzung des Revisionssausschusses wieder eindrücklich klar geworden ist: Die Greensill-Bank, bei der auch wir Einlagen haben, ist in bedrohliche Schieflage geraten.
Wir hoffen sehr, dass die Einlagensicherung hier für uns greifen wird, so dass wir unsere 5 – 6 Mio € nicht verlieren werden.
Doch zurück zu unserem eigentlichen Problem, der hohen Liquidität. Rückblickend betrachtet, wäre es aus unserer Sicht ein leichtes gewesen, mit einem Teil dieses Geldes die Wohrateiche zu erhalten und die Dämme zu ertüchtigen. Es wäre wirtschaftlicher gewesen, zu investieren, als Geld durch Negativzinsen abfließen zu lassen. Und es wäre verantwortlich gewesen gegenüber unserer Standortkommune.
Mittlerweile halten ja Fledermäuse die geplante Renaturierung auf, Ersatzmaßnahmen sind im Gespräch, ebenso wie die Neuanlage von Flachwasserteichen –auf Kosten des LWV, versteht sich.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Der LWV will Teiche zurückbauen und muss als Ausgleichsmaßnahme evtl. wieder Teiche bauen. Da fragen wir uns schon, ob es nicht zielführender und vor allen Dingen wirtschaftlicher gewesen wäre, die vorhandenen Teiche zu ertüchtigen.
Wir sind sehr gespannt, wie sich diese Geschichte noch entwickeln wird, zumal wir in diesem Haushalt keine weiteren Planansätze für die Wohrateiche entdecken konnten.
Meine Damen und Herren,
abschließend möchte ich noch kurz auf den Stellenplan zu sprechen kommen. Auf mehr als 30 Seiten wird mit der gebotenen Sachlichkeit erläutert, warum hier eine Stelle wegfällt, dort eine Stelle aufgewertet oder eine andere Stelle umgegliedert wird. Selbstverständlich liegt die Ausgestaltung des Stellenplans zu einem großen Teil in der Organisationsgewalt des Dienstherrn. Bei aller Sachlichkeit in der Darstellung sollten wir aber nie vergessen, dass sich hinter diesen Zahlen Menschen verbergen, die unseren LWV tragen.
Und einige dieser Menschen möchten sich naturgemäß auch weiterentwickeln und stellen sich der Herausforderung eines Stellenbesetzungsverfahrens, in dem Glauben, dass es bei der Besetzung einer Stelle einzig und allein nach Eignung, Leistung und Befähigung geht.
Wenn dann allerdings so ein Verfahren nach Durchführung der Auswahlgespräche abgebrochen wird, dann ist dies in den meisten Fällen rechtlich nicht zu beanstanden. Aber tatsächlich bleibt ein Geschmäckle am Ende des Tages zurück, verbunden mit einer gewissen Unruhe im Haus.
Meine Damen und Herren,
ich komme nun zum Schluss meiner Rede. In der Vergangenheit haben wir als AfD-Fraktion immer betont, dass unser Haushalt zwei Adressaten hat: Die behinderten Menschen und unsere Trägerkommunen. Beiden müssen wir gerecht werden. Die Belange unserer Trägerkommunen werden aus unserer Sicht weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt. Wir könnten deutlich mehr aus unseren Rücklagen einsetzen, um das Aufkommen aus der LWV-Umlage zu reduzieren. Gleichzeitig schaffen wir es nicht, die hohe Liquidität deutlich zu senken. Und die hohe Differenz zwischen den Planzahlen der Haushaltsentwürfe und den nachher tatsächlich erzielten Ergebnissen in den Abschlüssen zeigt uns, dass im Planungsbereich ein nicht zu unterschätzendes Optimierungspotential liegt, welches wir abrufen müssen. Hier gibt es aus unserer Sicht noch viel zu tun.
Wir werden uns daher bei der folgenden Abstimmung über den Haushaltsplan enthalten. Vielen Dank.